Das Restaurant Berlin auf der MS Deutschland

Das Restaurant Berlin auf der MS Deutschland


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Das Restaurant Berlin auf der MS Deutschland





Erleben Sie kulinarischen Anspruch, Service und Flair eines Sterne-Restaurants

So wirbt die MS Deutschland mit ihrem Restaurant Berlin, was beim Lesen hohe Erwartungen weckt. Ich war vor der Reise voller Vorfreude, was mir auf dem Luxusliner anboten wird. Es war mir aber auch klar, dass aufgrund der schwierigen Einkaufs- und Arbeitsbedingungen es die Kollegen am Boden viel einfacher haben und keine perfekte Küchenleistung und Angebot zu erwarten ist.



Die Restaurants auf dem Schiff

Berlin



Berlin ist das Hauptrestaurant der MS Deutschland. Das Frühstück ist in Büffetform, warme Speisen können am Tisch bestellt werden. Das Mittag- und Abendessen wird serviert, es werden mehrgängige Menüs angeboten, am Abend ist die Auswahl etwas mehr und edler.

Vierjahreszeiten



Vierjahreszeiten ist das Gourmet Restaurant des Schiffs. Die Plätze müssen reserviert werden, was zu lange Warteschlangen vor dem Schreibtisch des Oberkellners führte. Mich schreckt so etwas ab. Beim Blick auf die Speisekarte stellte ich fest, dass es die gleichen Gerichte wie im Hauptrestaurant gab, gelegentlich mit einer kleinen Änderung. Anstatt Klare Suppe von Perlhuhn und Orangen gab es Klare Suppe von Perlhuhn und Orangen mit geräucherter Taubenbrust. Für 85 € kann man sich Kaviar dazu bestellen, ansonsten kostet es keinen Aufpreis.

Das war mir es nicht wert, um meine nette Tischgemeinschaft zu verlassen und besuchte nie das schicke Restaurant.

Lido Gourmet

Frühstück, Mittag- und Abendessen wird im Lido Gourmet in Büffetform serviert. Es gibt in etwa die gleichen Speisen wie im Berlin, plus ein täglich wechselndes Gericht aus dem Wok. Ich war nie dort und lasse mich im Urlaub lieber bedienen.

Lido Grill

Der Lido Grill ist eine Selbstbedienungs-Grilltheke mit Steaks, Currywurst oder Hamburger und Beilagen wie Pommes, Salat oder Maiskolben.

Ein Hafen-Aufenthalt endete kurz nach der Mittagsessen-Zeit, mit etwas Hunger wollte ich dort eine Kleinigkeit essen. Dieses umzusetzen war nicht einfach, denn nicht nur ich hatte diese Idee. Es herrschte Chaos vor der Luke, bei der Menschenmasse wusste niemand so recht, wer von den anderen auf das Essen wartete oder wer erst einmal was bestellen wollte. Das war mir zu blöd. Nach einer Stunde probierte ich es noch einmal, die Lage hatte sich etwas entspannt, war aber immer noch wirr. So etwas sieht man natürlich nicht im Fernsehen.

Später hatte ich meinen Hamburger bekommen und suchte einen freien Außenplatz ohne Erfolg. So ging ich mit meiner Speise in das Lido-Gourmet, wo ich eine Rüge erwartet hatte. Aber im Gegenteil, die Bedienung zeigte Verständnis, entschuldigte sich für den Kuddelmuddel und bot mir ein Getränk an. Das war ein schöner Service und zeigte die Klasse des Schiffs. Der Hamburger schmeckte gut und entschädigte für die Begleitumstände, die hoffentlich sonst dort nicht so sind.


Zum Alten Fritz

Zum Alten Fritz ist eine Bar, in der Ecke steht eine Vitrine mit Frikadellen, Würstchen und Schmalzbrote, die gut zu den gereichten Getränken passen. Wie ich es geschafft hatte, nach dem Abendessen immer noch so was zu mir zu nehmen, verstehe ich bis jetzt noch nicht, geschmeckt haben mir die eher einfachen Speisen.

Dagegen verschmähte ich immer die am späten Abend angebotenen Snacks, auf warme Fleischspieße oder Ähnliches hatte ich keine Lust mehr.


Das Hauptrestaurant Berlin

Die Tischzuweisung

Im Restaurant Berlin haben Sie am Abend für die gesamte Reise Ihren festen Tischplatz, verkündigt die Homepage der Reederei vollmundig und hält das leider vor Ort nicht ein. Es gab eine offene Sitzung, was schnell zu Gerangel oder einem Katzentisch führen kann. Letztlich hat es sich in Grenzen gehalten, etwas Festes wäre mir aber trotzdem lieber gewesen. Skurril wurde es, als an zwei Abenden im Vorfeld doch feste Plätze vergeben wurden, der Oberkellner lehnte nach langem Anstellen aber meine Reservierung für einen Vierer-Tisch ab. So musste ich mühsam meine drei charmanten Damen, mit denen ich sonst immer zusammengesessen hatte, auf dem Schiff suchen, denn die Nachnamen der drei wusste ich nicht. Danach galt es noch einmal anstellen, ein solcher Stress benötige ich im Urlaub nicht.

Auf normalen Reisen, meine war eine Sonderreise für Troll-Tours, gibt es zwei Sitzungen mit festen Plätzen, schade, dass dies bei unserer Tour nicht durchgezogen wurde.

Der Service

Der Service ist erstklassig und die Mitarbeiter waren gut geschult, ich hatte das Gefühl, dass die meisten Spaß an der Arbeit hatten. Mein Kellner strahlte, als er mich gesehen hatte und erkannte einen bekannten Gast in mir. Ich konnte mich nicht an ihn erinnern, es müsste bei der zu bedienenden Gästeschar eher umgekehrt sein. Auf der MS Astor, wo er mich gesehen hatte, war ich dreimal. Der Mann scheint ein gutes Gedächtnis zu haben.

Die Crew machte einen guten und aufmerksamen Dienst, lediglich bei einem Galaabend mit zwei Sitzungen hatte sie Probleme, den Service in der vorgegebenen Zeit durchzuführen. Teilweise interpretierte mancher Passagier die Tischzeit falsch. Nicht ab sechs Uhr, sondern um sechs Uhr wurde serviert, was bei zwei Sitzungen einen Sinn ergibt. Oder wegen der Speiseankündigung. Bei jedem Gang gab es einen Monolog, was denn serviert wurde. Anstatt Für den Herrn das Schweinefilet wurde gebetsmühlenartig vorgetragen Für den Herrn das medium gebratene Schweinefilet, gefüllt mit Zwiebelmett und sautierter Entenleber an Naturjus mit mildem, buntem Pfeffer. Das kostete natürlich Zeit, gerade bei verschiedenen Gerichten, die gleichzeitig am Tisch serviert wurden.

Gar nicht gut war die Entscheidung, am zweiten Tag auf dem Schiff, bei dem es nur eine Attraktion gab, den spektakulären Lysefjord, diese genau auf dem Zeitpunkt des Abendessens zu legen. Organisatorisch wäre dies bestimmt besser zu lösen gewesen.

Das Welcome-Gala-Dinner

Exemplarisch werde ich das Welcome-Gala-Dinner beschreiben, das noch etwas gehobener als die gewöhnlichen Abendessen war. Die blau markierten Gerichte wurden von mir bestellt, der Rest war zur weiteren Auswahl. Meine Bewertungen gehen über die komplette Reise.

Vorspeisen:


Kaviar-Variation
Sibirskaja-, Malossol-, Forellen- und Keta-Kaviar mit den klassischen Kondiments Ei, Zwiebeln, Sauerrahm, Buchweizenblini und Melba-Toast

Carpaccio vom Rinderfilet
an Mango Chutney mit Basilikumpesto, gerösteter Mangoldsalat und Teriyaki Gelee

Einen Gruß aus der Küche gab es nie, aber die ersten angebotenen Vorspeisen zeigten bereits die Richtung der Küche, klassische Gerichte wurden mit Edelprodukten raffiniert zubereitet. Das war nicht die ganze Reise so, ein Gala-Diner muss sich auszeichnen. Es gab auch einen banalen Cocktail von Birnen, Äpfeln und Melonen, der mehr auf die Dessert-Karte gepasst hätte, und am selben Abend einen Serranoschinken mit Cantaloupe-Melone.

Die Kaviar-Variation konnte gefallen, sowohl vom Aussehen her, als auch vom Geschmack. Appetitlich angerichtet mit den passenden Beilagen konnte der Unterschied der verschiedenen Fischeier herausgeschmeckt werden. Wobei mir klar ist, dass Kaviar nicht das passende Wort für vier Sorten ist. So ging es überwiegend die ganze Reise über weiter, sei es mit Felsenaustern, Entenbrust oder Tunfischtartar. Was als kalte Vorspeise serviert wurde, weckte Freude für die weiteren Gänge und war immer ein guter Einstieg beim Menü, wie hier das Flusskrebsparfait:



Suppen:

Essenz vom Fasan
verfeinert mit weißen Portwein und Steinpilzravioli

Cappuccino vom Topinambur und Thymian
verfeinert mit Rucola

Die leider nicht immer heißen Suppen waren originell wie Essenz von Sauerkraut und Apfel oder Cappuccino von der Artischocke und schmackhaft. Ein paar Außreiser mit dünnen Brühen waren dabei, wie auch die Bouillon am Vormittag am Deck, die nicht glänzen konnte. Im Trend war mir der Einsatz von Edelzutaten eher zuviel und unnötig, wie bei der Consommé vom Reh mit pochiertem Eigelb und Trüffel, dafür glänzte eine schlichte Gulaschsuppe am Deck nach einem Ausflug. Sie war genial einfach und gut.

Fischgericht:

Frisch vom Fischmarkt in Hamburg
Gebratenes Filet vom Loup de Mer an Dicke-Bohnen-Gurken-Sud, Salicorn, Artischocken und Brokkoli-Couscous

Ob die Fische frisch vom Markt, sei es aus Hamburg oder Bergen, wirklich dort erworben wurden, konnte ich nicht klären. Bei einem anderen Schiff wurde zugegeben, dass dies logistisch gar nicht geht. Alt waren sie aber auf keinen Fall und schmeckten. Der Höhepunkt war eine erstklassige Cannelloni vom Heilbutt und Hummer mit passenden Beilagen.

Sorbet:

Pfirsich-Melba-Sorbet

Sorbets sind mittlerweile in der meisten Küchen als Zwischengang leider verschmäht, ich mag die Erfrischung. Überwiegend kreierte ich meine eigene Soße, wie einen Wodka, es gab aber manchmal auch etwas dabei wie Brombeeren-Sorbet mit Honig-Whiskey. Bei dem Himbeer-Rhabarber-Sorbet mit Bombay-Saphire-Gin meinte es die Küche gut und meine Damen am Tisch waren danach leicht angeheitert, was für eine gute Stimmung am Tisch gesorgt hatte.

Hauptgerichte:

In Tahiti-Vanille pochiertes Kalbsfilet
an Cognac-Demi-Glace, geschmorte Schalotten, Pfifferlinge und Kartoffelfondant

Variation von Bresse-Wachtel
mit Morchel, Gänseleber und Thymiansauce, Schwarzwurzeln, Blumenkohl und Pumpernickel-Gnocchi

Angeboten wurde viele Luxusprodukte wie Seezungen, Entenbrust oder Iberico-Schweinerücken, mit einem leichten Hang zur Übertreibung wie bei dem getrüffeltes Selleriepüree. Geschmacklich war es in Ordnung, einer der Höhepunkte war eine butterzarte Ente und ein auf den Punkt gegartes Damhirsch-Keulenragout. Die Portionsgrößen wechselten sich ab, es war schwer einzuschätzen, wie viel serviert wurde, was eine vernünftige Bestellung der Menügänge schwer machte. Als Alternative gab es vorwiegend noch etwas aus der kalten Küche wie Avocadosalsa an Tunfisch oder Jakobsmuschel mit Kokos-Vinaigrette.

Beim Mittagessen wurde kürzergetreten und auch etwas auf Wunsch aus der Mannschaftsküche angeboten, wobei ich mir sicher bin, dass die Crew ganz etwas anderes bekommt. Wenn die mein knuspriges Backhendl bekommen würden, das eher lasch, blass und geschmacklos war, gäbe es Die Meuterei auf der MS Deutschland.

Käse:

Gebackener Camembert
de Le Rustique mit Pistazien und Feigenkompott

Einen Käsegang hatte ich nie bestellt und vom Brett auch nur ein paar Trauben gestohlen, nach dem Hauptgang hatte ich nie noch Hunger, um noch einmal etwas Handfestes zu essen.

Dessert:

Traumschiff-Dessert-Variation MS Deutschland
Mango-Passionsfrucht-Crème-Brûlée, marinierte Erdbeeren auf Rharbermousse mit Eierlikörgelee, Kakao-Kaffee-Parfait

Die Desserts waren für mich der Schwachpunkt der Küche. Das Speiseeis schmeckte mir gar nicht, es war lasch vom Geschmack und schnell auf meiner Ignorier-Liste gelandet. Ungewöhnlich für die Klasse des Schiffs war überraschend die teilweise Banalität des Angebotenen, wie Crème von Vollmilchschokolade mit Früchten oder Mandarinencrème mit Schokoladen-Soße. Die große Traumschiff-Eisparade sah von der Zeremonie her nicht so imponierend aus wie im Fernsehen, war aber wenigstens nicht so süß wie ansonsten und gelungen.

Die gereichten Trüffel und Gebäcke als Abschied versüßten die gelungenen Abende, auch wenn die Verteilung ungerecht war. Ein Zweiertisch hatte die gleiche Menge bekommen wie ein Vierertisch. Augenzwinkernde Reklamationen wurden jedoch locker leicht angenommen und umgehend beseitigt.

Nur zur Information noch ein paar Getränkepreise:

Kaffee und Tee umsonst
Glas Mineralwasser 0,33 Liter 2,50 €
Bier vom Fass 0,4 Liter 3 €
Premium Wildschlehengeist 4 cl 4 €
Gin Tonic 6,30 €
Campari Soda 7,50 €, das ich übertrieben empfand
Silvaner Qualitätswein, biologischer Anbau 25 €
2006 Château de Sales Merlot 65 €


Fazit

Ich war mit der kulinarischen Leistung auf dem Schiff zufrieden. Die Bezeichnung Sterne-Restaurant und die 14 Gault-Millau-Punkte finde ich aber etwas übertrieben. Es war bislang das Beste, was ich auf einer Kreuzfahrt bekommen hatte. Ich war vorher auf acht verschiedenen Schiffen.

Das Konzept passt und wurde fast immer gut umgesetzt. Falls ich jemals wieder auf die MS Deutschland zurückkehre, freue ich mich bereits jetzt schon auf die Küche.